Rockerprozess bescherte dem Landgericht DVD-Player
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- Erstellt am Dienstag, 24. Mai 2005 02:00
Filmaufnahmen widerlegen Darstellung der Polizei
Der beschlagnahmte Film von Osna.TV, der Aufnahmen eines Kamerateams eine halbe Stunde nach der Tat zeigt, sorgte im Rockerprozess schon vor der Präsentation im Landgericht Osnabrück für Furore. Ein Radiosender hatte im Hinblick auf den Film berichtet, dass eine Wiederinhaftierung des Hauptangeklagten Wolfgang E. bevorstehe. Dieser soll in der Nacht des 16.07. mit seinem Sohn Boris E. das Mitglied des konkurrierenden Motorradclub Outlaws durch Schüsse und Schläge tödlich verletzt haben. Verteidiger Jens Meggers bezeichnete die Schlussfolgerung des Senders die Polizei habe „schlampig gearbeitet“ als perfide. Sein Mandant sei daraufhin sehr beunruhigt gewesen. Fakt ist: Die bisherigen Angaben der Polizei bezüglich der Anzahl der PKW in der Stichstrasse vor dem Haus des Rockerpräsidenten stimmen nicht mit den Filmaufnahmen überein. Davon konnte sich das Gericht und ein Teil der Zuschauer (der Rest blickte auf die schwarzen Roben der Anwälte und Richter) während der Abspielung mit dem eigens vom Landgericht angeschafften DVD-Player überzeugen. Zu sehen waren eintreffende Polizeikräfte, Maßnahmen der Spurensicherung und die örtlichen Gegebenheiten in der Tatnacht. Für die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage sind hierbei die Lichtverhältnisse und mögliche Verstecke des Getöteten Willi B. interessant.
Ein Brief der Eltern von Willi B., der von der Vorsitzenden Richterin verlesen wurde, rügte das Verhalten einiger Prozessbeteiligter. Ihr Sohn sei Opfer einer grausamen Tat geworden. Es sei für sie nicht hinnehmbar, dass während der Verhandlung von einigen Prozessbeteiligten „Späßchen gemacht“ und gekichert werde. „Das sollte zum Nachdenken anregen“, bemerkte die Richterin dazu und empfahl darüber hinaus den Eltern am kommenden Prozesstag (2.06.) etwas später zu kommen. „Die Schilderungen des Gerichtsmediziners über die Verletzungen eines Getöteten, ist erfahrungsgemäß für Angehörige schwer zu ertragen.“
TV Material soll in Augenschein genommen werden
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- Erstellt am Dienstag, 03. Mai 2005 02:00
Wir das Verfahren gegen den Sohn des Rockerpräsidenten eingestellt?
Das Publikumsinteresse im Rockerprozess vor dem Landgericht Osnabrück lässt nach. Nur noch wenige Bandidos und Outlaws verfolgen die Verhandlung gegen den Präsidenten des MC Bandidos OS, Wolfgang E. und seinen Sohn Boris aus Wallenhorst. Die Staatsanwaltschaft geht nach wie vor davon aus, dass Wolfgang E. das Mitglied des MC Outlaws Willi B. durch Schüsse getötet hat. Ob die Anklage gegen seinen Sohn Boris aufrecht erhalten wird, ist seit dem vergangenen Montag fraglich. Er soll mit einem Baseballschläger auf den Kopf des am Boden liegende Opfers eingeschlagen haben. Die Vertreterin der Nebenklage, Karin Ellebrecht zieht nach dem bisherigen Gesamtbild der Hauptverhandlung den Schluss, dass Boris E. keinen Tötungsvorsatz hatte und „würde sich einer Einstellung des Verfahrens gegen Boris E. unter Auflagen nicht verschließen“. Ausschlaggebend für diese neue Einschätzung dürfte die Aussage einer Lehrerin gewesen sein, die ihren ehemaligen Schüler als absolut friedfertigen, schüchternen Menschen schilderte, der Streitigkeiten eher aus dem Wege ging. „Aus Sicht der Nebenkläger ist Boris E. von seinem Vater in unverantwortlicher Weise in das Geschehen hineingezogen worden“, fasste Ellebrecht die Sicht der Nebenkläger zusammen.
Weiter im Fadenkreuz der Ankläger steht Wolfgang E.. Nachdem das Gericht einige Beweisanträge als ungeeignet abgelehnt hatte, stellten die Staatanwaltschaft und die Nebenkläger Anträge mit neuem Inhalt. Für den Staatsanwalt ist es wichtig die genauen Zeiten der zahlreichen Anrufe kurz nach der Tat aufgelistet zu bekommen. Ein bereits vor Gericht abgespielter Mitschnitt des Notrufes von Boris E. enthält auch Teile eines Hintergrundgespräches des Vaters. Diese Gesprächsfetzen sollen auf Antrag von Nebenkläger, Klaus Rüther durch Techniker des LKA Hannover herausgefiltert werden. Wolfgang E. gibt an, es seien Worte, die er an seine Frau gerichtet habe: „Der ist kaputt, ihr Scheissköppe......die waren bei mit zu Hause. Wo warst Du?“ Die Nebenkläger gehen allerdings davon aus, dass es sich um ein Telefonat mit einem Mitglied des MC Bandidos handelt, dem vom Rockerpräsidenten vorgeworfen wurde, er habe seine „Aufsichtspflicht“ verletzt. Damit wäre bewiesen, Wolfgang E. hat mit einem Angriff des MC Outlaws gerechnet. Ein weiterer Beweisantrag soll die am Wochenende aufgetauchten Aufnahmen vom Internetfernsehen OSNA.TV in den Prozess einführen. Diese Aufnahmen zeigen, dass die Rekonstruktion des Tatortes beim Ortstermin in Wallenhorst mangelhaft war. Um 3.31 Uhr, also kurz nach der Tat standen nicht zwei, sondern vier Autos in der Stichstrasse vor dem Hauses des Rockerchefs. Der Prozess wird am 23.05. fortgesetzt. Dann wird verkündet, ob die Beweisanträge zugelassen werden.
Rockerprozess: Schlägt jetzt die Stunde der Nebenklage?
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- Erstellt am Freitag, 29. April 2005 02:00
Bisher unbekanntes TV Material aufgetaucht
Drei Verhandlungstage in der vergangenen Woche: Wieder verfolgten zahlreiche Zuschauer, darunter auch Mitglieder der konkurrierenden Motorradclub Bandidos und Outlaws, das teilweise schwer nachvollziehbare Treiben der Juristen vor dem Landgericht Osnabrück. Zu klären ist die Frage, ob der Hauptangeklagte Wolfgang B., Präsident der Bandidos OS in der Nacht des 16.07.2004 das Mitglied des MC Outlaws, Willi B. in Notwehr oder mit Angriffswillen erschoss. Der mitangeklagte Sohn Boris soll das Opfer mit einem Baseballschläger zusätzliche Verletzungen beigebracht haben. Während die Verteidigung den Fall geklärt sieht und auf eine baldige Urteilsverkündung drängt, sehen die Staatsanwaltschaft und die vier Vertreter der Nebenklage noch wesentliche Fragen offen. Mehrere Beweisanträge und Stellungnahmen der Ankläger lassen deutlich werden: Für sie hat Wolfgang E. seine eigene „Notwehrsituation“ willentlich herbeigeführt. Mit kleinen Schritten versucht Nebenklagevertreter Klaus Rüter zu belegen, dass Wolfgang E. zur Tatzeit andere Möglichkeiten hatte, eine Eskalation des Streits zu vermeiden. So zählt er in einem Beweisantrag fünf verschiedenen Angaben des Täters zum Tatgeschehen auf. Jeweils entsprechend zur Erkenntnislage der Ermittlungsbehörden habe er seine Angaben angepasst. Unmittelbar nach der Tat habe Wolfgang E. einem Beamten berichtet, überhaupt keine Schüsse abgeben zu haben, zitiert Rüter die Vernehmungsprotokolle. Dann behauptete er, von drei Personen gleichzeitig angegriffen worden zu sein, worauf er einen ungezielten Schuss abgegeben habe. Später gibt er einen Warnschuss vor seinem Haus zu und berichtet, auf einen von nur noch zwei Angreifern geschossen zu haben. Schließlich dann die Aussage in der Hauptverhandlung, wo er nur noch von einem Angreifer erzählt, der ihn mit einem Baseballschläger angesprungen sei. Zwei Schüsse habe er in Notwehr abgegeben. Genau umgekehrt sieht es die Nebenklage: Willi B. habe sich in einer Notwehrlage befunden, als er befürchten musste von dem, mit einer Pistole bewaffneten, Wolfgang E hinter einem Busch. entdeckt zu werden.
In einem Beweisantrag stellt eine weitere Nebenklagevertreterin, Karin Ellebrecht, fest, dass der MC Bandidos den Streit mit dem MC Outlaws, anders als es der Angeklagte glaubend machen wolle, bewusst voran getrieben habe. Die Neugründung eines Chapters der Outlaws in Osnabrück sei für die Bandidos inakzeptabel gewesen. Dieses belege unter anderem eine SMS des Präsident der Bandidos an seinen ehemaligen Kumpel Lothar B., der jetzt Chef der Outlaws ist. In der zum Teil unleserlichen SMS heißt es unter anderem: „....raus aus Osnabrück provozier mich nicht sonst wird es nicht ne sondern grausam .....“
Die SMS und andere Gründe belegen für Ellebrecht: Wolfgang E. verließ seine Wohnung mit Angriffswillen. Andere Möglichkeiten habe er nicht genutzt. Weder habe er die Polizei gerufen und auf deren Eintreffen gewartet, noch den vorhandenen Pfefferspray, einen Baseballschläger oder sein Gürtelmesser zur Verteidigung eingesetzt.
Sehr wichtig ist für die Ankläger die genaue Lage der Spuren am Tatort. Diesbezüglich wurden Fotos und ein kurzes, wenig aussagekräftiges Video der Polizei begutachtet. Wesentlich besser sind da schon die Aufnahmen des lokalen TV-Senders OSNA-TV. Die Mitarbeiter des Internet TVs aus Wallenhorst kamen in der Tatnacht gerade von einem Aussendreh zurück und folgten neugierig geworden einem Polizeifahrzeug. Eine halbe Stunde nach der Tat machten sie professionelle TV Aufnahmen vom Tatort. Zusammenschnittewaren im Fernsehen und sind im Internet zu sehen. Warum diese nicht von der Staatanwaltschaft begutachtet wurden, ist bisher unklar? Gibt es einen neuen Beweisantrag der Nebenklage?
Präsident der Outlaws beruft sich auf Zeugnisverweigerungsrecht
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- Erstellt am Mittwoch, 06. April 2005 02:00
Hormongesteuerter Polizist wollte mit Aktenkenntnis imponieren
Juristische Ränkespiele, Animositäten zwischen den Prozessbeteiligten und mehrere Beweisanträge der Staatsanwaltschaft beherrschten den 9ten Verhandlungstag im Rockerprozess vor dem LG Osnabrück. Wolfgang E., Osnabrücker Präsident des weltweit operierenden MC Bandidos und sein Sohn Boris sind angeklagt in der Nacht des 16.07.2004 ein Mitglied des ebenfalls international organisierten MC Outlaws durch Schüsse und Schläge zu Tode gebracht zu haben. Der vermeintliche Präsident der Osnabrücker Outlaws, Lothar B. war von der Verteidigung geladen worden, um die Hintergründe der Tat zu erhellen.
„Dazu will ich mich nicht äußern“, antwortete B. stereotyp auf Fragen des Gerichtes. Der, mit einem eigenen Zeugenbeistand angerückte, Rocker, berief sich dabei auf ein Zeugnisverweigerungsrecht, weil gegen einige Mitglieder des MC Outlaws ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet worden ist. Obwohl gegen ihn selber nicht ermittelt wird, beantwortete kaum eine Frage. Er bestätigte lediglich, daß er den Angeklagten Wolfgang E. aus Kindertagen kenne und mit ihm befreundet war. Dass er in der Tatnacht in Süddeutschland unterwegs war und erst am Morgen in Osnabrück eintraf, ist dem Gericht bekannt, weil die Verbindungsdaten seines Handys ausgewertet wurden. Um die Nutzung von Mobilfunktelefonen ging es auch im weiteren Verlauf des Prozesses. Ein eigens geladener Fachmann von t-mobile begutachtete ausführlichst die ihm vorgelegten Verbindungsprotokolle. Sinn und Zweck der zeitraubenden Auswertung blieb den meisten Zuschauern, darunter wieder zahlreiche Rocker von beiden Clubs, verborgen. Lebhaftes Interesse verursachte dagegen eine Verlautbarung der Vorsitzende des LG. Eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe (JGH), die am Prozess beteiligt ist, wurde in einer Os.-Diskothek von einem Sicherheitsbeamten der hiesigen Polizeiinspektion angesprochen. Vermutlich in angetrunkenem Zustand gab er vor, den Einlass zum Rockerprozess zu kontrollieren. Offensichtlich in der hormongesteuerten Absicht der attraktiven, jungen Frau zu imponieren, habe er behauptet, daß er Akten über jeden Prozesszuschauer habe, also auch über sie. Die Vorsitzende des LG sah, nachdem ihr diese Vorgänge durch die Mitarbeiterin der JGH zur Kenntnis gebracht worden waren, keine andere Möglichkeit, als durch eine Gegenüberstellung der Beteiligten die Angelegenheit zu klären. Ergebnis: Der Kontakt wurde zugegeben. Der 31-jährige Beamte wurde daraufhin von den Sicherungsmassnahmen des Rockerprozesses abgezogen. Ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrat wurde mittlerweile eingestellt. Allerdings wird der Beamte wohl erhebliche disziplinarrechtliche Konsequenzen zu tragen haben. Die Polizeiinspektion Osnabrück erklärte auf Anfrage, daß zu keinem Zeitpunkt ein Auftrag bestanden habe Daten über Prozessbeobachter zu sammeln. Die Einlasskontrolle werde durch Justizbeamte ohne Ausweiskontrolle durchgeführt.
.....Obs Is MSN 01719723533 Funkmast Wallenhorst...
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- Erstellt am Dienstag, 15. März 2005 01:00
Sonderakte Telekommunikation soll Totschlag klären
Fortsetzung im Rockerprozess vor dem Landgericht Osnabrück. Von den „angekündigten“ 200 Outlaws, die ihren Protest über die Haftentlassung des Hauptangeklagten, Wolfgang E. zum Ausdruck bringen wollten, war nicht einer erschienen. Vielleicht lag es daran, daß sie wußten, daß nur eine kurze Verhandlung stattfinden würde. Lediglich ein Zeuge sagte aus. Jens B., Clubkamerad von Wolfgang E. und mit diesem seit 6 Jahren befreundet, berichtete über die Geschehnisse in den Stunden vor der eigentlichen Tat. Am 16.7.2004 sollen Wolfgang E. und sein Sohn Boris, ein Mitglied des MC Outlaws, Willi B. (31) durch Schüsse und Schläge mit einem Baseballschläger zu Tode gebracht haben.
Am Vorabend hatten sich mehre Bandidos getroffen, um zu prüfen, ob die Gründung eines Clubheimes der Outlaws in OS von der man gerüchteweise gehört hatte, bereits erfolgt sei. Nach längeren Kontrollfahrten durch die Stadt traf man sich vor einem Privathaus in der Dodesheide in dem ein Outlaw Mitglied wohnte. Die Anwesenheit der Bandidos blieb von den Bewohnern nicht unbemerkt. Zum Schutz vor möglichen Übergriffen wurden Clubkameraden herbei telefoniert. Das Anbringen eines Aufklebers durch die Bandidos an der Eingangstür des Outlaws Hauses, löste vermeintlich den „Gegenbesuch“ in Wallenhorst bei der Familie E. aus, in dessen Folge es zu den tödlichen Schüssen kam.
Um festzustellen wer sich wann wo aufgehalten und mit wem wie lange telefoniert hat, wurde die „Sonderakte Telekommunikation“ in den Prozess eingeführt. Das zwang die Vorsitzende dazu alle in Frage kommenden Verbindungsdaten vorzulesen. Ob das den eigentlichen Tathergang erhellt, blieb für die meisten Prozessbeobachter fraglich. Der Prozess, dessen Ende nicht absehbar ist, wird am 5.4. fortgesetzt.
Rockerpräsident bleibt frei
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- Erstellt am Freitag, 04. März 2005 01:00
Nebenklage: „Das sind amerikanische Verhältnisse“
Der wegen Totschlags vor dem LG Osnabrück angeklagte Präsident des MC Bandidos, Wolfgang E. bleibt auf freiem Fuß. Das OLG Oldenburg verwarf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger und schloss sich der Auffassung der Strafkammer in Osnabrück an. Die umfangreiche Beweisaufnahme einschließlich eines Ortstermins habe ergeben, daß „die Annahme eines dringenden Tatverdachts hinsichtlich eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes nicht länger gerechtfertig ist“.
Die Vertreterin der Nebenklage Martina Goldkamp Abraham hat mit diesem Ergebnis gerechnet. Es sei in solchen Fällen selten, dass ein höherrangiges Gericht einen Beschluss revidiere. „Es gibt keine Wortprotokolle“, so die Rechtsanwältin „das OLG kennt also weder die Aussagen des Angeklagen, noch der drei Zeugen von den Outlaws.“ Goldkamp-Abraham vertritt zwei Brüder des getöteten MC Outlaws Mitgleides, Willi B.. In einer fünfseitigen Beschwerdebegründung an das LG Osnabrück stellt sie ihre Sicht der Dinge dar. Nach dem derzeitigen Beweisergebnis steht für sie fest, dass „der Angeklagte nicht in Notwehr gehandelt hat.“ Wolfgang E. habe die Notwehrlage selbst verursacht und provoziert. Nach den nächtlichen Tritten gegen seine Haustür durch die Outlaws habe für ihn kein Grund bestanden, daß Haus zu verlassen und somit „in die Offensive zu gehen“. Eine unmittelbare Bedrohung seiner Person oder seiner Familie habe nicht bestanden. „Die Verriegelung der Tür hat den Tritten standgehalten“, schreibt die Nebenklagevertreterin. „Es wäre ein Leichtes gewesen, die Polizei, die Feuerwehr oder wen auch immer zu alarmieren.“ Die Strafkammer mache aus dem „Jäger“, der mit einer durchgeladenen Schusswaffe die Strasse absucht einen „Gejagten“ und vertausche somit die Rollen. „Das sind amerikanische Verhältnisse“, so die Rechtsanwältin in einer telefonischen Stellungnahme. „Und die wollen wir nicht!“ Für sie ist die Freilassung des Rockerpräsidenten noch kein Hinweis auf das Urteil. Im weiteren Verlauf des Prozesses, der am 15.3. fortgesetzt wird, werde unter anderem die Aussage des Gerichtsmediziners belegen, dass für Wolfgang E. keine Notwehrsituation bestanden habe.
BKA: Keine Clubs ohne kriminelle Mitglieder, aber nicht alle sind kriminell.
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- Erstellt am Dienstag, 01. März 2005 01:00
Einblicke in den fragwürdigen "Ehrenkodex" von Rockerclubs vor dem Landgericht Osnabrück
Die Freilassung des wegen Totschlags angeklagten MC Bandidos Präsidenten Wolfgang E. sorgt weiterhin für Aufregung. Angeblich wollen zum nächsten Gerichtstermin 200 Outlaws anreisen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. „Die Situation zwischen den Outlaws und Bandidos ist am Kippen,“ hatte schon ein Mitglied des MC Bandidos am letzten Verhandlungstag berichtet. Er habe nach den Geschehnissen der Tatnacht (16.7.05), in der Willi B. durch Schüsse tödlich verletzt wurde, versucht durch Telefonate und E-Mails einen „Flächenbrand“ zu vermeiden. Dirk H. war nach der Tat von Wolfgang E. alarmiert worden, weil dieser sich um den Schutz seiner Familie sorgte. Nach der Inhaftierung des Rockerpräsidenten besorgte Dirk H. einen Anwalt und kümmerte sich um die Aussenkontakte. Schon am nächsten Tag habe er im Internet ein Gerücht entdeckt, das den wahren Sachverhalt völlig falsch widerspiegelte. „Sie haben ja eine schlimmer Gerüchteküche, als wir in der Gerichtskantine,“ bemerkte die Vorsitzende der Kammer, als sie den Ausführungen des Mitgliedes des MC Bandidos folgte. Um den Gerüchten entgegenzutreten, habe er sich entschlossen Gerichtsunterlagen, die er über den Verteidiger Wolfgang E´s erhalten habe, im Internet zu veröffentlichen. Das sei sein Beitrag zur „Deeskalation“ gewesen, denn er habe „weltweite Konsequenzen“ befürchtet.
Über das Verhältnis der Motorradclubs in Deutschland berichtete auch ein Beamter des Bundeskriminalamtes (BKA). Stefan T. befasst sich seit 1991 mit diesem Thema, das intern mittlerweile dem Referat für Organisierte Kriminalität zugeordnet wurde. Die Bandidos und Outlaws seien eher befreundet gewesen, referierte der Beamte. Auseinandersetzungen habe es eher mit den jetzt verbotenen Hells Angels gegeben. Das Regelwerk der Clubs beinhalte eine generelle Aussageverweigerung zu clubspezifischen Themen, die Polizei werde grundsätzlich nicht gerufen. Das Motto würde eher lauten: „Das regeln wir unter uns.“ Der „Ehrenkodex“ der Clubs sähe vereinsinterne Strafen vor, die von Geldstrafen bis zur unehrenhaften Entlassung (bad stand), der gewaltsamen Wegnahme des Motorrades, einem generellen Kontaktverbot und auch körperlicher Züchtigung gingen. Generell können man feststellen, so der Beamte, daß „es keinen Club ohne kriminelle Mitglieder gäbe, was aber nicht heißt, dass alle kriminell sind.“ Angriffe auf Familienangehörige und Privathäuser seien Ausnahmen. „Dieser Fall ist in Deutschland einmalig,“ beendete Stefan T. seine Ausführungen.
Schlimmer sieht es in den Nachbarländern aus: In Skandinavien wurden in den 80er und 90er Jahren zwölf Mitglieder der Hells Angels und Bandidos umgebracht. Tatwaffen u.a.: Maschinenpistolen und Panzerabwehrrakteten. In den nordischen Ländern ging es um Verteilungskämpfe. »Motorrad-Klubs sind Gelddruckmaschinen« schrieb das norwegische Dagbladet schon 1995. Alkohol- und Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Prostitution und Waffenhandel wurden den skandinavischen Rockern vorgeworfen.
Der spektakulärste Fall der jüngsten Vergangenheit wird aus den Niederlanden berichtet. In einem Hochsicherheitstrakt in Amsterdam findet zur Zeit ein Prozess wegen Mordes von drei Mitglieder des MC Nomads (Teil der Hells Angels) statt. Hintergrund: Internationaler Drogenhandel. Einem der Opfer, Paul de Vries, werden selber 15 Morde im Drogenmilieu zur Last gelegt. Er wurde, so die Anklage, von seinen eigenen Clubmitgliedern zum Tode verurteilt.
Rockerpräsident verläßt saubere Zelle
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- Erstellt am Freitag, 25. Februar 2005 01:00
„Wer mit einer scharfen Waffe vor die Tür tritt, befindet sich nicht in Notwehr!“
Paukenschlag im Rockerprozess zum Abschluss der beiden Verhandlungstagen der vergangenen Woche: Rockerpräsident Wolfgang E. ist vorläufig wieder auf freiem Fuß. Ihm und seinem Sohn Boris wird vorgeworfen, in der Nacht des 16.07.2004 das Mitglied des Motorradclubs (MC) Outlaws, Will B. durch Schüsse und Schläge mit einem Baseballschläger tödlich verletzt zu haben. Seit der Tatnacht saß der Chef des MC Bandidos in U-Haft.
Nach dem Ortstermin vor dem Wohnhaus der E.s in Wallenhorst, sah Rechtsanwalt Meggers vor dem LG Osnabrück keine Grund den Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufrecht zu erhalten. „So interessant die Vorgeschichte auch sein mag, es geht nur um die Frage: War es Notwehr oder nicht?“ plädierte er auf eine Aufhebung des Haftbefehls. „Keiner hat den Beginn der Auseinandersetzung gesehen!“ Damit meinte der Verteidiger die Situation vor Abgabe der tödlichen Schüsse. „Was wäre passiert, wenn er sich nicht gegen den Angriff gewehrt hätte?“ Immerhin waren in der Tatnacht vier Rocker des MC Outlaws angereist um, wie die Vorsitzende des LGs es verniedlichend formulierte, dem Rockerpräsidenten „den Hintern voll zu hauen“. Ganz so harmlos war die gewaltätige Auseinandersetzung wohl nicht geplant, denn die kräftigen Männer führten nach eigenen Aussagen 2 Baseballschläger und einen Axtstil mit sich. Nachdem einer der Rocker nachts um 2:45 Uhr mehrmals gegen die Tür des Reihenhauses der E.s getreten und einen Aufkleber der Outlaws angebracht hatte, entfernten sich die vier wieder in der Annahme es sei keiner zu Hause. Der weitere Ablauf wurde während der Ortsbesichtigung bei Vollmond und Schnee nachgestellt. Danach trat kurz darauf Wolfgang E. in Aktion. Er erschien vor seiner Haustür und gab einen Warnschuss ab. Danach begab er sich zur Einmündung der Stichstraße vor seinem Haus (ca. 30m) und wurde dort von Willi B. mit einem erhobenen Axtstil angesprungen. Er habe diesen Angriff aus den Augenwinkeln erkannt und ungezielt Schüsse abgegeben.
So jedenfalls die Version der Rockerchefs. Der einzige Zeuge dieser Aktion stand 20 m entfernt: Boris E.. Er eilte herbei und versetzte dem schon verletzten Willi B. einen Tritt. Erst danach tauchten die drei Outlaw-Kumpanen des bereits am Boden liegenden Opfers auf. Die Bandidos flohen ins Haus.
Dieser Sachverhalt wurde von der Staatsanwaltschaft und den Vertretern der Nebenklage völlig anders bewertet. Für die Staatsanwaltschaft gehört die Einmündung der Stichstrasse nicht zum schutzwürdigen häuslichen Nahbereich. Nebenklage Vertreter RA. Rüter geriet angesichts des Aufhebungsantrages des Haftbefehls in Rage:„ Wer mit einer scharfen Waffe vor die Tür tritt, befindet sich nicht in Notwehr!“ Er geht weiterhin von einem „Angriffswillen“ des Angeklagten aus. Ähnlich sah es Rechtsanwältin Goldkamp Abraham: „Warum hatte Herr E. eine scharfe Waffe neben sich liegen? Warum hat er nach der Tat die Vorkommnisse nicht sofort richtig geschildert?“ Sie ging von einer provozierten Notwehrsituation aus und votierte gegen eine Freilassung Wolfgang E.s.
Doch das Gericht entschied anders. Die Notwehrversion des Angeklagten sei bisher nicht eindeutig widerlegt, deshalb könne zum derzeitigen Verfahrensstand nicht mehr von einem dringenden Tatverdacht ausgegangen werden.
Nach dem Beschluss: Großes Unverständnis auf Seiten der Nebenklage - sichtliche Ergriffenheit des Angeklagten und Freude bei den angereisten Bandidos. Nachdem Wolfgang E. seine Frau und seine Freunde in den Arm genommen hatte, nutzte er allerdings die neu gewonnene Freiheit vorerst nicht. Er begab sich in die JVA um seine Zelle zu säubern. Denn dahin will er nie wieder zurück.
„Geld her oder ich leg´ dich um!“
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- Erstellt am Donnerstag, 10. Februar 2005 01:00
Russlanddeutsche aus Bielefeld brauchten Geld für „Party“
Die Tat wegen der sich in der vergangenen Woche ein 25-jähriger Bielefelder vor dem LG Osnabrück verantworten mußte, hatte weitreichende Folgen. Ein Osnabrücker Taxifahrer leidet noch heute unter den Erinnerungen an den Raubüberfall, dessen Opfer er wurde.
Erneute Erkrankung eines Schöffen verhindert Fortsetzung des Rockerprozesses
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- Erstellt am Dienstag, 15. Februar 2005 01:00
Outlaws und Bandidos reisten vergebens an
Fast ausschließlich von Rockern besetzt war der große Sitzungssaal des LG Osnabrück. Wie an den bisherigen Verhandlungstagen waren cirka.30 Mitglieder des MC Bandidos angereist, um den Prozess gegen den Präsidenten der hiesigen Vertretung der Bandidos und seinen Sohn zu verfolgen. Ungewöhnlich: Diesmal waren ebensoviele Mitglieder des MC Outlaws gekommen. Rivalitäten zwischen beiden Clubs bilden den Hintergrund des Totschlagprozesses gegen Wolfgang E. und seinen Sohn Boris aus Wallenhorst (ON berichtete).
Nach umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen hatten die Rocker im Gerichtssaal Platz genommen - fein säuberlich getrennt von starken Polizeikräften, die sorgfältig darüber wachten, dass es zu keinerlei Rangeleien zwischen den martialisch gekleideten Gruppen kam. Dass die Rocker es mit Regeln nicht so genau nehmen, konnte man schon vor dem Gerichtssaal beobachten. Trotz Rauchverbot in den Fluren des LG war der Boden übersät mit Zigarrettenkippen. Normale Prozessbeobachter wurden weggedrängt und wagten es nicht ihr Recht auf Einlass in den Saal geltend zu machen.
Wer es trotzdem in den Saal geschafft hatte, wurde kurz darauf enttäuscht. In Zivilkleidung betraten drei Richter und ein Schöffe den Raum. Die vorsitzende Richterin verkündete den Grund für den ungewöhnlichen Auftritt. Eine Schöffin war so schwer erkrankt, daß sie nicht kommen konnten. Hierdurch ist eine brenzlige Situation entstanden. Laut Strafprozessordnung darf es in einem laufenden Verfahren keine Unterbrechung geben, die länger als 21 Tage dauert. Da die Frist am Montag abliefe, wurde daher ein Prozesstag (Montag, 14 Uhr) eingeschoben. Besteht die Krankheit der Schöffin fort, muß der Prozess von neuem beginnen. Der für heute angesetzte Ortstermin in Wallenhorst wurde auf den Dienstag der kommenden Woche verschoben.
Dass bereits der zweite Schöffe im Rockerprozess erkrankte, ist für einige Prozessbeobachter Grund genug für Spekulationen: „ Das ist doch kein Zufall. Die Schöffen wurden eingeschüchtert,“ meinte ein Zuschauer ausserhalb des Sitzungssaales. Verteidiger Thomas Klein hält solche Gerüchte für „Dummes Zeug“. Wenn es zu solchen Aktionen gekommen wäre, hätte er davon erfahren. Ein Schöffe kann nur dann von seiner Verpflichtung entbunden werden, wenn ein ärtzliches Gutachten vorliegt. „Die entsprechenden Bescheinigungen liegen vor“, meint der Osnabrücker Rechtsanwalt, dem eine weitere Verzögerung überhaupt nicht in den Kram passt:“ Wir wollen nach wie vor eine baldige Rehabilitation unserer Mandanten durch einen Freispruch.“
„Ich dachte mir platzen die Trommelfelle“
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- Erstellt am Freitag, 28. Januar 2005 01:00
Nachbarn sagten im Rockerprozess aus
Sechster Verhandlungstag im Rockerprozess vor dem LG Osnabrück: 15 Nachbarn berichteten über ihre Wahrnehmungen in der Nacht des 16.7.2004.
In dieser Nacht sollen Wolfgang E. (45) und sein Sohn Boris den 30-jährigen Willi B. aus Wersen durch Schüsse und Schläge mit einem Baseballschläge so schwer verletzt haben, daß er wenig später verstarb.
Hintergrund der Tat sind Auseinandersetzungen zweier Motorradclubs (MC) um die Neugründung einer örtlichen Niederlassung des MC Outlaws in Osnabrück. Willi B., Mitglied der Outlaws, war in der Tatnacht mit drei weiteren Rockern nach Wallenhorst gefahren, um den Chef des rivalisierenden MC Bandidos aufzusuchen. Was sie genau vorhatten, ist bisher unklar.
Familie E. wohnt. seit 10 Jahren in einer Reihenhaussiedlung in Alt-Wallenhorst. Die Funktion des 45-jährigen Hauptangeklagten als Präsident des MC Bandidos Osnabrück war keinem der 15 Nachbarn, die am Donnerstag im hochgesicherten Landgericht aussagten, bekannt. Einige Zeugen war das amerikanische Motorrad vor dem Hause E. aufgefallen, eine Nachbarin hatte einen MC Aufkleber auf einem Auto bemerkt. Kein Nachbarn hatte engeren Kontakt zu den Eberts, manche kannte ihn nicht einmal. Die direkten Nachbarn schildern Familie E. als unauffällig. Einer sagt:“Es war ein unbelastetes, ordentliches Nachbarschaftsverhältnis.“
Entsprechend überrascht waren daher alle, über das, was sich in der Nacht des 16.7.2004 vor ihren Häusern abspielte. Die meisten Nachbarn waren lediglich Ohrenzeugen, das direkte Tatgeschehen hat keiner gesehen.
„Ich dachte mir platzen die Trommelfelle,“ berichtet ein Nachbarn, der um kurz vor 3 Uhr von einem lauten Knall wach wurde. Er wußte sofort, daß er einen Schuss gehört hatte, das Geräusch kannte er gut aus seiner Bundeswehrzeit. Wenig später hörte er zwei weitere Schüsse aus einer anderen Richtung. Ein hohe Hecke versperrte ihm die Sicht auf den Tatort. Trotzdem weiß er zu diesem Zeitpunkt, daß etwas Schreckliches passiert ist. „Ihr Mörder!“ ruft er aus dem Fenster. Dann alarmiert er die Polizei. Er ist der einzige. Alle anderen Zeugen wurden ebenfalls von Schüssen geweckt, hörten Personen auf der Strasse, ein lautes Stöhnen und ein schnell wegfahrendes Auto. Aus dem Stimmengewirr, daß die meisten Anwohner hörten, sind nur einige Sätze klar erkennbar. „Wo ist die Knarre?“, will ein Zeuge vernommen haben. Ein anderer hörte: „Bloß weg hier!“ Dieser Satz ist einem Mitglied der MC Outlaws zuzuordnen, die ihren schwerverletzten Kumpanen in einen PKW schleiften und sich dann aus dem Staub machten.
Aus dem bisherigen Prozessverlauf ergibt sich folgendes Bild. Wolfgang E. hat drei Schüsse abgegeben, zwei davon trafen Will B.. Dieser wurde mit einem PKW in ein Osnabrücker Krankenhaus verbracht, wo er verstarb. Ob der Sohn, wie ihm die Anklage vorwirft, mit einem Baseballschläger auf Willi B. eingeschlagen hat, bleibt weiter unklar. Lediglich ein MC Outlaw Mitglied bezeugte bisher diese Version. Seine beiden MC-Kollegen verweigern die Aussage, weil gegen sie weiter wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird.
Der Prozess wird am 15.2. fortgesetzt, dann soll auch der, wegen falscher Lichtverhältnisse ausgefallene, Ortstermin nachgeholt werden.
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